Regressions- oder Rückführungstherapie
Regressionstherapie, auch genannt Reinkarnationstherapie, ist eine Psychotherapie, die versucht, psychische Verletzungen und andere Einschränkungen zu heilen, indem die Situation, die der Problemauslöser war, noch einmal kathartisch durchlebt wird. Geschichtlich ist sie verwandt mit der Hypnotherapie. Viele Hypnotherapeuten nutzen sie als eine ihrer Methoden. Da sie eine eigenständige Disziplin ist, kann es vorkommen, dass die Rückführungstherapie ganz ohne hypnotische Induktion auskommt, obwohl sie der Ericksonschen Hypnotherapie nahe steht. Sie steht Ansätzen wie der Gestalttherapie, Voice Dialogue und der Arbeit mit dem Inneren Kind näher.
Das Jahr 1978 kann als Geburtsjahr der Rückführungstherapie angesehen werden. Zu dieser Zeit erschienen Bücher von Morris Netherton, Edith Fiore und Helen Wambach. In Deutschland war Thorvald Dethlefsen ihr Pionier. In den 80ern veröffentlichten und lehrten Leute wie Winafred Lucas, Roger Woolger, Trisha Caetano und Hans TenDam über dieses schnell expandierende Fachgebiet. Seit den späten 80ern hat sich der Begriff Rückführungstherapie, oder Regressionstherapie, bei den Praktizierenden durchgesetzt.
Die Therapie ist aus zwei Gründen umstritten: Erstens, der Verdacht, dass in einer leichten Trance durch die leitenden Fragen von voreingenommenen Therapeuten es zu „falschen“ Erinnerungen des Patienten kommen kann. Zweitens, dass recht häufig Erinnerungen an die Geburt und der Zeit in der Gebärmutter auftauchen, außerdem Erfahrungen aus offensichtlich vorherigen Leben, insbesondere Erlebnisse von traumatischen Toden.
Dennoch breitet sich die Rückführungstherapie weiterhin aus, wenn auch langsamer, was hauptsächlich an ihrer Effektivität und mehr noch an ihrer Effizienz liegt: wenn sie funktioniert, funktioniert sie sehr schnell. Viele Psychiater, die eine Hypnoseform angewendet haben, sind über pränatale Erfahrungen und anscheinend frühere Leben gestolpert. Der Bestbekannte dieser Therapeuten ist Brian Weiss, aber noch einige andere wie Shakuntala Modi und Robert Jarmon veröffentlichten ihre Entdeckungen.
Rückführungen in frühere Lebensalter sind seit den ersten Experimenten mit Hypnose bekannt. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg haben viele Hypnotiseure frühere Leben entdeckt. Trotz einigen mentalen und physischen Verbesserungen nach solchen Rückführungen wurden diese Methoden nicht innerhalb eines therapeutischen Rahmens durchgeführt. Andere Vorläufer der heutigen Rückführungstherapie waren Psychiater wie Alexander Cannon in Großbritannien und Inacio Ferreira aus Brasilien, die heutige Probleme mit lang zurückliegenden Traumatas erklärten. Der erste Psychiater, der damit begann, Menschen so zu behandeln und darüber Veröffentlichungen machte, war Denys Kelsey aus Großbritannien, der 1968 das erste Buch über Rückführungstherapie veröffentlichte. Aber die Methoden die er verwendete, waren immer noch die der klassischen Hypnotherapie.
Ein weiterer Wegbereiter war Ron Hubbard mit seinen Dianetics, später Scientology, aber sein Ansatz blieb in Sektierertum und Engstirnigkeit stecken. Obwohl Leute, die sein Werk kennengelernt haben, aber dann aus seinem starren System ausbrachen, die ersten Schritte in diesem Forschungsgebiet beeinflusst haben könnten. Seine wichtigsten Beiträge waren wahrscheinlich die Erkenntnis, dass die einfache Wiederholung von Sätzen ein intensives Wiedererleben provozieren kann, und dass der Fokus nicht auf der traumatischen Erfahrung selbst liegen sollte, sondern darauf, wie wir solche Erfahrungen registrieren.
Wie zu erwarten, gab es in diesem Gebiet nicht allzu viel Forschung. Thelma Freedman (2002) gibt eine gute Zusammenfassung der Forschung über die Wirkung der Rückführungstherapie. Neuere Forschungen wurden durchgeführt, um zu erfahren, was im Körper während einer Rückführung geschieht. Wir wissen, dass Hirnstromwellen ein bestimmtes Muster (hoch in Beta und Delta) bilden, und dass sich der Hormonspiegel verändert. Die Erforschung mit MRT-Scans läuft und ist teilweise bereits veröffentlicht.
Außerhalb der USA und Europa findet die meiste Aktivität in Brasilien und Indien statt. Es ist schwierig, die Verbreitung einzuschätzen. Wenn man die Anzahl der Absolventen von Ausbildungen und die Anzahl von Mitgliedern der Verbände und die Besucherzahlen von Konferenzen berücksichtigt, könnte es um die 2000 Praktizierende weltweit und ungefähr eine halbe Million Menschen geben, die eine oder mehrere Rückführungen in den letzten 40 Jahren erlebten. Häufige amateurhafte Experimente sind dabei ausgenommen.
Organisationen, die an der professionellen Entwicklung dieses Fachgebiets beteiligt sind, sind die International Association for Regression Research and Therapies (www.iarrt.org), das International Board for Regression Therapy (www.ibrt.org), der World Congress for Regression Therapists
(www.regressioncongress.org) und die European Association for Regression Therapy EARTh
Beweisbar oder nicht?
Die Reinkarnationstherapie legt meistens keinen Wert darauf, ob nun Reinkarnation beweisbar ist oder wirklich existiert. Inzwischen ist es aber durch wohl millionenfache Rückführungen erwiesen, dass solche Bilder und Vorstellungen in jedem existieren, abgerufen werden können und eine Wirkung auf die Muster der heutigen Lebensführung haben, und dass die Muster und Verhaltensweisen verändert werden können, indem vergangene Leben erinnert und geklärt werden.
Woher diese Bilder und Erinnerungen nun genau kommen, ist schwer festzustellen und so gut wie nicht zu beweisen. Die einfachste und wahrscheinlichste Erklärung für dieses eindeutige Phänomen ist anzunehmen, dass die Erinnerungen tatsächlich aus eigenen, gelebten vergangenen Leben kommen. Aber es gibt noch viele andere Erklärungsmöglichkeiten.
Die vielfache Erfahrung ist es aber, dass das Hervorholen dieser Erinnerungen meistens den Menschen hilft, ihr jetziges Leben zu verstehen und zu verändern. Und darauf kommt es unserer Ansicht nach an, dass das Leben im Hier und Jetzt voller, freudiger, zufriedener und erfüllter wird.
Christoph von Keyserlingk, März 2011
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